Stefanie
Zweig – Nirgendwo in Afrika, Irgendwo in Deutschland (1956)
...Sie
kamen überein, in den Harz zu fahren und die Silberhochzeit, einen
Tag vor Weihnachten, in Bad Grund zu feiern und bis Neujahr dazubleiben.
Ein Oberschlesier hatte dort vor einigen Jahren ein kleines Hotel eröffnet.
...
„Römers
Hotel“ in Bad Grund, ein Fachwerkhaus mit verblichenem Glanz, zerbrochenen
Fensterläden und seit zwei Jahren nur noch im Sommer geöffnet,
empfing seine einzigen Gäste mit einem großen Weihnachtsbaum
in der auffallend zugigen Halle ...
„Sie haben
doch Zentralheizung“, sagte Walter.
„Ach, die
funktioniert nicht richtig, Herr Doktor. Sie wissen ja, wie das mit den
Handwerkern im verfluchten Westen ist. Die wollen alle nur verdienen.“
...
Die
Zimmer waren geräumig und mit Möbeln vollgestellt, die der vergilbte
Hotelprospekt, der auf einem runden Glastisch mit einer ebenso vergilbten
Häkeldecke lag, als „bürgerlich, gemütlich“ und Jettel als
„alten Plunder“ bezeichnete. Die Schränke klemmten, die Betten quietschten,
wenn sich einer nur auf sie setzte, und die Waschschüsseln auf den
eisernen Ständern waren alle rostig, das Wasser in den Krügen
eiskalt.
In
dem Zimmer, das sich Walter und Jettel nach der entmutigenden Besichtigung
aller Räume aussuchten, wurde der von einem mürrischen Hausmädchen
entzündete Ofen glutrot, ohne zu wärmen. In dem Raum, in dem
Regina und Max schlafen sollten, rauchte der Ofen so, daß schon zu
Beginn der ersten Nacht alle vier im elterlichen Doppelbett lagen – Jettel
im neuen Persianer und die übrigen drei auch im Mantel, Walter dazu
noch in Mütze und Handschuhen.... |