Marktplatz mit altem Brauhaus an der Clausthaler Straße
Oberharzer Hof , rechts gegenüber das ehemalige Brauhaus (heute: Apotheke)
Auch in Bad Grund wurde süffiges Bier gebraut
1660 wurde ein neues Brauhaus an der Stelle errichtet, wo heute in Bad Grund an der Clausthaler Straße gegenüber dem "Oberharzer Hof“ die Apotheke steht. Brauberechtigt waren nach einer Anordnung des Herzogs nur die im Besitz eines Bürgerhauses befindlichen Einwohner der Bergstadt, die der Reihe nach brauen konnten. Jeder Brauberechtigte musste für eine "Riegebrauzeit“ acht Gulden an die damalige Stadtkasse zahlen. Er konnte dieses Braurecht aber auch für 45 Gulden verkaufen. Richter (Bürgermeister), Pfarrer, Stadtschreiber und die Mitglieder des Rates hatten freie "Herrenzeiten“. Die nicht brauberechtigten Einwohner von so genannten "Kothäusern“ konnten sich die Braugerechtigkeit gegen ein Entgelt von 72 Gulden vom Rat der Stadt erwerben.
Das Braurecht war sehr begehrt und hatte für die Stadtkasse eine große Bedeutung. Schutzmaßnahmen, eine Art Zoll, wurde gegen fremdes Bier getroffen. So verordneten 1574 Richter und Rat, dass fremde Biere und auch Wein erst "eingelegt“ oder ausgeschenkt werden durften, wenn der Stadtknecht sie "eingeschrottet“ und Kämmerer sie gekennzeichnet hatte. Mit siebeneinhalb Mariengroschen für ein Fass Bier und sechs Mariengroschen für einen Eimer Wein wurden diese "fremden“ Getränke versteuert. Neben der Riegebrauzeiten bestand bis nach dem siebenjährigen Krieg noch das Recht des "Ehrenbieres“. Dieses Recht wurde den Hochzeitspaaren außer der Reihe zugestanden. Die Grundner Brauberechtigten brauten ein helles, stark gehopftes Weizenbier, das aus Gersten- und Weizenmalz hergestellt wurde.
Die Bergleute tranken das "süffige“ Bier sehr gern. Deshalb gab es in der Bergstadt auch "keine Branntweinsäufer“. Auch das "Kaffeetrinken“ kannte man noch nicht. Neben Brot war Bier bei den Grundnern das meistbegehrte Nahrungsmittel. Nach alten Chroniken erquickte und labte dieses Bier das hitzige Herz, löschte den Durst, stärkte das Gehirn, machte gute Verdauung und war für Kranke ein überaus gesundes und nützliches Getränk. Das Grundner Bier soll sehr beliebt gewesen und daher gern gekauft worden sein. Das Amt Stauffenburg soll den Verkauf des guten Grundner Bieres über die Stadtgrenzen hinaus nicht gern gesehen haben. Auch Gittelde und Clausthal wehrten sich gegen die "übermächtige Konkurrenz“ des Grundner Bieres. Im 17. Jahrhundert haben die Brauberechtigten einen aus ihren Reihen das Bierbrauen fachgerecht erlernen lassen. Dieser wurde als Braumeister eingestellt. 1660 errichteten sie das Brauhaus, wo heute die Apotheke steht. Das "Kofend“ (Süßbier) war ein beliebter Haustrunk und wurde überall sehr gelobt. Aus diesem Grunde kamen auch Einwohner aus Gittelde, Teichhütte und Windhausen nach Bad Grund, um dieses Süßbier zu kaufen. Der Rat der Bergstadt legte größten Wert darauf, dass gutes Bier gebraut wurde. Aus diesem Grunde wurde dieses Bier regelmäßig überprüft. Viele Geschichten sollen über die vollzogene Prüfung des Süßbieres und deren Ergebnisse der Nachwelt überliefert worden sein.
Mit dem Erliegen des Bergbaues mussten sich die Einwohner der Bergstadt nach anderen Erwerbsquellen umsehen. So wurde mehr Bier gebraut und Kohle gebrannt. Von jedem Gebräu, das für die Stadt gebraut wurde, bekamen der Pastor, der Richter, der Schulleiter, der Stadtknecht, der Braumeister und seine Gehilfen Freibier. Außerdem war von der Bergstadt ein "Bierprober“ angestellt, der eigens für diese Aufgabe einen strengen Eid abzulegen hatte. Es wurden im Grundner Brauhaus Broyhan (Braunbier und Bitterbier) gebraut. Der zweite Aufguss hieß Konfent (Kofent). Das Konfent war auch bei den Einwohnern in den Nachbargemeinden sehr geschätzt. Sie kamen daher mit Kannen und Eimern zum Brauhaus, um dort dieses Bier zu erwerben. Weil zum Bierbrauen ein gutes Wasser zur Verfügung stand, soll in Bad Grund das beste Bier des Oberharzes gebraut worden sein. Dreieinhalb Liter (ein Stübchen) Bier kosteten zehn Groschen. Später soll der Preis auf 14 Groschen heraufgesetzt worden sein; dennoch wurde das Bier immer schlechter eingebraut. Aus einem in Auftrag gegebenen Gutachten eines Fachmanns geht unter anderem hervor: "Soll das Bier wieder eine bessere Güte erhalten, so muss ein stärkeres Quantum Malz genommen werden.“ Die Fremden und Reisenden, die sonst ein Stübchen Bier tranken, sind bei dem schlechten Bier der Bergstadt ferngeblieben oder sind nicht eingekehrt. Die Bauern, die in der Herbstzeit Korn und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse in den Oberharz geliefert hatten, sind wegen des schlechten Bieres nicht mehr vom Pferd gestiegen sondern weiter geritten.
Das schlechte Bier konnte nicht mehr abgesetzt werden. Strenge Brauverordnungen wurden vom Rat der Bergstadt erlassen. Das Bier wurde wieder besser und der Wirt kündete den Ausschank frischen Broyhans dadurch an, dass er einen Busch grünen Reisers, der an einer Stange befestigt war, zum Fenster hinaushing. Schenkte ein Wirt nur das "Nachbier“, also dünnflüssiges Konfentbier aus, dann befestigte er an der Stange, die er zum Fenster hinaushing, statt des grünen Reisers Hobelspäne. 1888 hatten noch 148 Haushaltungen/Hausbesitzer Braurechte, die durch den Brauadministrator vertreten wurden. Er überwachte auch den Brauvorgang.
Nun, das Braurecht wird heute in Bad Grund nicht mehr ausgeübt und das aus 1660 stammende und in den Jahrhunderten verfallene Brauhaus musste dem Neubau der Apotheke weichen. Dennoch könnte es wegen des guten Wassers in der Bergstadt wieder zum Brauen des einst gutem Bieres kommen.
Am 7. Juni 1935 starb der letzte Braumeister der Bergstadt, August Maake, nachdem der Betrieb im alten Brauhaus im Januar 1921, nach 260 jähriger Tätigkeit, völlig stillgelegt war.
Wo hier vorher das mächtige alte Brauhaus stand, in dem noch bis 1921 Bier gebraut wurde, eröffnete am 22. November 1956 die „Glück-Auf-Apotheke“ in ihrem neuen Gebäude, Clausthaler Straße Nr.1.
Im Vergleich: Apotheke und dem heutigen Pavillon (Firma Mosig) 2006