Bergbau damals | Bilder von Anno Tobac | Einfahren | Sagen
Vom „Fahren“ des Bergmanns
Wenn der Bergmann zur Arbeit geht, dann „fährt er an“ und wenn er seine Arbeit verrichtet, dann „verfährt“ er seine Schicht. Und wenn er in die Grube oder auch in der Grube „fährt“, dann versteht ein Außenstehender darunter eine recht bequeme Art der Fortbewegung und meint unter „Fahrung“ schließlich ein Gefährt, mit dem der Bergmann die entlegenen Grubenräume erreicht. Sieht man von der Entwicklung der letzten Jahre ab, so ist das „Fahren“ des Bergmanns seit alters her eine recht beschwerliche und früher sogar auch gefährliche Art der Fortbewegung gewesen.
Agricola
Bereits der 1494 in Glauchau geborene Dr. Georgius Agricola (Georg Bauer) beschreibt in seinem aus zwölf Büchern bestehenden Hauptwerk „De re metallica“ („VOM Bergwerk“) dem ersten Lehrbuch der bergbaulichen und technischen Wissenschaften überhaupt (1550 in Chemnitz beendet), die verschiedenen Arten der Fahrung und stellt sie in einem der 292 Holzschnitten.

Arten der Fahrt
Die erste Art ist auf der „Fahrt“ – das ist die Leiter des Bergmanns. Die zweite Art ist auf einem am Haspelseil befestigten Knebel sitzend. Dabei musste der Haspelknecht (auch mehrere) das Seil mit dem Handhaspel (auch Schinderwinde genannt) langsam abwärts lassen oder mühsam aufholen. Die dritte Art beschreibt Agricola „mit dem Arschleder“. Der Bergmann trug früher dieses Leder um die Hüfte. Er setzte sich bei einer „Fahrt“ in die Grube darauf und rutschte talwärts. Es handelte sich hierbei um tonnenlägrige (schräge) Grubenbaue. Die vierte Art der „Fahrung“ schließlich war das Steigen auf ins Gestein gehauene Stufen.

Fahrkunst
Wie man erkennt, war keine dieser Fortbewegungsarten sonderlich komfortabel zu nennen und hat nach Laienbegriffen eigentlich nichts mit dem landläufigen „Fahren“ zu tun. Hinzugerechnet muss noch die „Fahrung“ untertage werden, die bestenfalls im Laufen, aber mehr im gehockten Gehen oder Kriechen bestand. Es kam später die „Fahrkunst“ hinzu, eine durch Wasserkraft, später auch mittels Dampfmaschine betriebene Anlage, die das Ein- und Ausfahren der Mannschaften im Hauptschacht erleichterte.
(Bildbeschreibung: A – Die Leiter /Fahrte) B – Haspelseil mit Knebel C – Das Arschleder D – Zu Fuß, im Gestein gehauene Stufen, Bild von Dr. Georgius Agricola)

Technisierung
Mit zunehmender Technisierung des untertägigen Bergbaus wurde auch das „Fahren“ leichter, wenn es auch noch lange nicht als bequem zu bezeichnen ist. Allerdings wurden sicherheitliche Belange mehr und mehr in den Vordergrund gerückt und so fuhr der Bergmann in allseitig gesicherten Fördergestellen in die Grube, wurde schließlich in die Grube mittels elektrisch betriebener Haspel auf andere Fördersohlen gebracht und fuhr mit Druckluft betriebenen oder mit elektrifizierten Grubenbahnen kilometerweit ins Grubenfeld. Aber anfangs musste er sich noch in die eigentlich für die Produktionsförderung bestimmten Förderwagen hocken bis spezielle Mannschaftswagen entwickelt und sogar Personenbahnhöfe angelegt wurden.

Kraftfahrzeuge
Moderne Kaligruben haben zur Beförderung der Mannschaft auch Lastkraftwagen und Motorräder im Einsatz. Dies ist dort möglich, weil größere Grubenräume entstehen.

Fahren
Das „Fahren“ des Bergmanns ist geblieben, der Bergmann „fährt ein“, der Aufsichtsführende „fährt durch sein Revier“ und nach der Schicht „fährt man aus“, wobei heute noch der traditionelle Bergmannsgruß „Glück auf“ erklingt.

Gerd Hintze, Bad Grund
Foto oben: Fördermaschinist in der Fördermaschinenhalle des Bergbaumuseums Knesebeck
Foto rechts: Gerd Hintze „fährt ein“ Foto Gerd Hintze

Siehe auch: Bergdankfest