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Bad Grund in Anekdoten, Berichten & Gedichten von Willi WagenerSeite 1 |2 | 3 | 4 | 5| 6 | 7| 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 | 17 |
Bad Grundner Bergbau und Bergdankfest
Aus dem letzten Kapitel des der Tradition verpflichteten Berufsstandes, der trotz wechselvoller Geschichte 500 Jahre durchhielt und die Weichenstellung für die Geburt des Kurortes in den trauten Gebirgsstälern ermöglichte, dem gleich zu Anfang seines Wirkens Braunschweigisch- Lüneburger Herzöge Respekt zollten und durch Vergabe der Bergfreiheit im Jahre 1532 Stadtrechte mit Privilegien einräumten. Die erste der sieben Oberharzer Bergstädte existierte.--
Ein paar Einblendungen aus jüngerer Zeit. Wir schreiben das Jahre 1947. Mir sitzt in der Zeche (Hübichweg) der etwa 75-jährige Einwohner Spötter gegenüber. Er war Kamerad meines Großvaters mütterlicherseits und schildert mir den tödlich verlaufenen Unfall in der Hilfe Gottes: Alter 39 Jahre, Nachlass: die Witwe mit vier Kindern.- Der Großvater väterlicherseits verunglückte mit 34 Jahren im Medingschacht (Silbernaal) tödlich; Nachlass: Witwe mit einem Kind und in anderen Umständen.--
Nochmals 1947 und Eigenbericht. Ort: Medingschacht, 12. Sohle, Auftrag für zwei Hauer und zwei Mann vom Maschinenbetrieb: An einbruchgefährdeter Stelle dieser Hauptförderstrecke stellen von Eisenbögen, setzen von Verzugsblechen, Oberleitung erhöhen und verankern. Der Schichtablauf: Bergrumoren – Höllenschlag – Theodor Schindler, Adolf Hille, Rudolf Seiffert und ich waren verschüttet. Karbidgeleucht auch, tiefste Nacht. Gespür für Leben, Lautgabe, eigenes Herauswühlen, Absprache, Tuchfühlung, ohne Licht 1 km zum Schacht, Ausfahrt, Duschen, Verpflastern, Meldung beim Betriebsführer Emil Haindorf, Schulterklopfen: „Gott sei Dank! Fahrt hemm!“—
Die letzte erzfördernde Grube Deutschlands, die 1992 stillgelegte Grube Hilfe Gottes (Abbildung ganz oben, 1908), hatte 1831 ihre Förderung aufgenommen. Man schlug anfangs das Erz mit Schlägel und Eisen aus der Wand, denn die Druckluft betriebene Gesteinsbohrmaschine kam erst 1893 zum Einsatz.
Das erste offene Bergmannsgeleucht, der ölgefüllte Frosch, erblickte selbst 1864 das Licht der Welt. Gegen 1900 kam die bessere Karbidlampe; in den 50er Jahren die elektrische Kopfleuchte. Technisch lösten Schrapper und Lader die bis dahin für die Handarbeit zuständige Kratze und Trog ab.
Sich ablösende Erz-Abbauverfahren wie Fristenstoßbau, Blockbau-Rahmenzimmerungsabbau, Teilsohlenbruchbau bei Großraumzugförderung und Betonsversatz sorgten für Haufwerk-Effizienz.
Nun sind bekanntlich Maschinen nicht alles. Macher müssen sie bedienen, Handwerkskönner warten. Und diese Elite war da. Da stemmten und errichteten die bärenstarken Hauer Wolfgang Knopp und Horst-Rolf Kröter aus Rundbaumstämmen die Sicherheitstürstöcke – da errichteten die Hauer Erwin Klawitter und Günther Weiß Präzisionsbunker – da brachten die Schießlattenspezialisten Reviersteiger Willi Herr, mit den Hauern Karl Keinert und Ewald Stümer, in allerhöchster Gefahr, den hängenden Erzbunker wieder zum Laufen – da kletterten katzengleich die Hauer Rudolf Warnecke und August Stolze in einem 1m Durchmesser und 40 m hoch von unten nach oben aufzuschließenden Rolloch empor, ohne Deckung, nicht wissend, was über ihnen an Brocken absturzbereit hing.
An anderer Stelle, im Kartenraum des Reviersteigers Claus Messerschmidt, eines Hochqualifizierten für den Ausbau von Schachterweiterungen, wurde mir fast schwindlig vor lauter Bauplänen. Dann Erinnerung an den Markscheider-Vermessungsfahrsteiger Günther Häger, von dem die Fachwelt lernen kann, wie man in 600 m Schachtteufe, lotgenau, Konsohlen und dergleichen für den

Foto oben: 1893 ist es auf der Grube Hilfe Gottes vorbei mit dem Abbau-Gezähe Schlägel und Eisen (der linke Hauer). Die Druckluft betriebene Gesteins- bohrmaschine wird eingesetzt (der rechte Hauer).

reibungslosen Lauf der Förderkörbe einbauen kann ohne einen einzigen Millimeter Abweichung zu haben! Kommentar zu diesem Wirken: das gibt’s nur einmal!
Und doch, was wäre das Bergmannsleben- und in dessen Diensten Stehendes- gewesen, hätten nicht Asse wie der Grubensteiger Bernhard Klingebiel und der Hauer Konrad Loch ihre Männer-Gags abgezogen – da tat Lachen weh... und wohl zugleich!! –
Oh – und da fallen mir die Namen so vieler Kameraden ein – wie sie selbst – und erwähnenswert! – doch das sprengt den Rahmen.
Nähern wir uns der Rubrik: Bergbau, Beten und Bergdankfest! Bekanntlich ist die Sehnsucht nach dem Engel des Lichts, nach Schutzbedürfnis, Wärme und Bewahrung nichts Neues. Lebendige Seelen sind immer auf der Suche nach der unsichtbaren Wirklichkeit, nach einer Zukunft unter dem schützenden Bogen der Liebe. So war es auch hier in den Beträumen der Schachtanlagen. Dann saßen die bärtigen Recken auf klobigen Bänken und hatten schwielige Hände gefaltet. Der Vorbeter verlas die Epistel des Tage, allzu gern einen schönen Psalm-Text. Es wurde ein Gesangvers gesungen, das Vaterunser gesprochen.
Wem aber erfahrbar Hilfe widerfahren, der hatte auch das Bedürfnis Dank zu sagen: Bergdankfest.
Unter Vorantritt ihrer Bergkapelle und der Fahnen-Abordnung, in schmucker-schlichter Uniform, ging es einmal im Jahr zum Festgottesdienst in die St. Antoniuskirche, man wollte dem „Obersten Bergherrn“ deutlich Danke sagen. Es ist schon etwas Großes, Schönes und Bewegendes, wenn ein halbes Tausend Männer ihr „Lobe den Herren, den mächtigen König, der alles herrlich regieret und den Stand sichtbar gesegnet (ein Liedtext aus dem Jahre 1680) singen. Und auch das hier gesprochene Vaterunser aller kam nicht von ungefähr!—
Jetzt war die Zeit gekommen für den gesellig-gemütlichen Teil, zum Schärperfrühstück, in den Hotels. Es musizierten währenddessen die Bergkapellen und wenn dann die Dirigenten Oskar Berecke und Heinz Hönning die Stabführung dem lustigen 1-Meter-Mann „Eicho“ (Alfred Herr) übergaben, der sein Paradestück: „Adelheid, Adelheid, schenk mir einen Gartenzwerg“ lenkte, dann ging die Post ab, gemäß der Passage unseres Wahlspruches: „Gott schenke uns allen ein fröhliches Herz!“

Willi Wagener

Untere Aufnahme oben: 1930: Bergrat Dr. von Scotti begrüßt die angetretene Belegschaft auf der Clausthaler Straße: Die Bergkapelle der Grube Hilfe Gottes, 450 Mann Grubenbelegschaft, Bergmusik-Corps Wildemann, 200 Männer der Aufbereitung und des Maschinen- und Baubetriebes.

Foto oben: Bergdankfest – wie alle Jubiläen – begannen im überfüllten Kirchenschiff St. Antoniuskirche.

Bilder: links - Schacht Knesebeck 1905, rechts - Wiemannsbucht 1910
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