1945
- Windhausen vor 65 Jahren - ein Rückblick auf eines der schwersten
Jahre
von
Horst Sablotny |
Windhausen
(Sab) "Armes Deutschland! - Der Krieg ist verloren,
alle Opfer waren vergeblich. Nun stehen wir vor den Trümmern unseres
zerschlagenen Vaterlandes. Und das Furchtbarste: Wir haben erkennen müssen,
dass Deutschland 12 Jahre von Abenteurern, ja, zum Teil von Verbrechern
regiert wurde; Hitler nicht ausgenommen".
Mit
diesen Worten beginnt Hauptlehrer Freise die Windhäuser Schulchronik
für das Jahr 1945. Diese Worte erinnern an eines der schlimmsten Jahre,
nämlich das Jahr 1945.
Das
ganze Ausmaß dieses letzten Kriegsjahres kommt in den Aufzeichnungen
von Lehrer Freise zum Ausdruck und regt zum Nachdenken an.
"Ein
Verbrechen ist von der Partei und unserer Regierung begangen worden am
deutschen Volke, ja an der ganzen Welt, wie es wohl einzig in der Geschichte
dasteht!". Mit diesen Worten von Hugo Freise wird die Schulchronik fortgesetzt.
Die Kriegsereignisse gingen
1945 in Windhausen sehr rasch vorüber, größere Schäden
blieben aus, wurde weiter berichtet. Die Windhäuser Schule, in diesem
Jahr übrigens 155 Jahre alt, war jedoch zentraler Punkt der Kriegsereignisse
in Windhausen. Am 7. April 1945 wurde die Schule von deutschem Militär
belegt, zunächst von einer Nachrichtenabteilung, danach von der SS.
Vor Ostern hatte der Volkssturm zwei Panzersperren gebaut, und zwar eine
an der Kirche, und die andere zwischen dem Trafohaus bei Keinert und dem
Schulgarten.
Am
Abend des l0. April näherte sich die „Front“. Amerikanische Soldaten
waren zu erkennen. Die Eisenbahnbrücke am „Brücktor“ wurde von
den Deutschen gesprengt, ebenfalls die Brücke über das Schlungwasser
am Bahnhofsweg und in der Landstraße bei „Keinert. Die Männer
der SS waren es, die so große Sprengladungen ansetzen, dass die drei
nahegelegenen Häuser bei Keinert arg beschädigt wurden. Am schlimmsten
traf es das Schulhaus. Beschädigt wurde auch das Haus Emmrich (Kusche)
und das Keinertsche Haus. Die Schäden entstanden, weil das eiserne
Brückengeländer durch die Sprengung durch die Luft flog. Obwohl
die Fenster geöffnet waren, blieben nur einige Scheiben an der Ostseite
der Schule heil
Die
SS versuchte noch am 11. April die anrückenden Amerikaner aufzuhalten.
Schützenlöcher wurden ausgehoben. Am Eschenberg standen Geschütze,
die jedoch von der SS nicht mehr bedient wurden, da die SS im Laufe des
Tages in den Harz verschwand. Das Dorf wurde also zum Glück nicht
verteidigt. Viele Leute hatten vorsorglich „mit Sack und Pack“ das Dorf
verlassen. Gegen Mittag am 11. April schossen die Amerikaner das Haus Renneberg
(Burgstraße) in Brand. Das Vieh und die Einrichtung konnte gerettet
werden. Die Feuerwehr löschte trotz Gewehrfeuer den Brand!. Abends
gegen 6 Uhr waren die Amerikaner von verschiedenen Seiten in das Dorf eingerückt.
Mit Gewehrschüssen und Schüssen aus der Maschinenpistole machten
sie auf sich aufmerksam. Vor der Schule wurde eine Handgranate gezündet.
Auch hierdurch gingen wieder Fenster zu Bruch. Bruch. Einschüsse gingen
in das Schulgebäude. Vier evakuierte Ostpreußen und die Familie
Freise befanden sich dabei in der Wohnung im 1. Stock. Im Unterdorf, so
Hugo Freise, wurde am meisten geschossen. Die anderen Ortsteile bekamen
wenig ab. Ein Einwohner, das langjährige Schulvorstandsmitglied Wilhelm
Flügge, bekam einen Schuss in den Fuss.
Die
Sperren hinderten die Amerikaner natürlich nicht daran, durch das
Dorf in Richtung Bad Grund zu fahren. Die Panzer rollten über den
Eschenberg und umfuhren dadurch die Panzersperren. 80 Amerikaner blieben
im Ort. Häuser wurden beschlagnahmt. Hugo Freise hoffte, das der Schulunterricht
bald wieder aufgenommen werden kann. Die Kinder würden nämlich
verwildern.
Am
8. Mai 1945 war der Krieg vorbei. Auch danach gab es Opfer in Windhausen.
Um den Ort herum lagen Waffen und Munition. Am Brücktor lagen Teile
einer Panzerfaust. Zwei kleine Jungen spielten damit. Ein Schuss ging los
und traf den Schüler Günter Oppermann so schwer in das Bein,
dass es im Krankenhaus abgenommen werden musste. Damit aber nicht genug.
Weitere Blindgänger lagen herum. Im „Römermannschen Busch“ spielten
mehrere Schuljungen und fanden Geschosse. Beim Spielen mit einer Granate
explodierte sie. Der kleine Rolf Trosdorf fand sofort den Tod. Schwer verletzt
wurden Karl Wauge, Willi Berkefeld und Klaus Römermann. Willi Berkefeld
verstarb später an den Unfallfolgen.
Am
12. Juni 1945 konnte der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden. Für
Hugo Freise war das sicher eine Freude. Einen Schulraum gab es nicht, der
war mit Brettern zugenagelt, eine Folge der Sprengung der Brücke über
den Schlungbach.
Foto: Unser Bild (Sablotny)
unten zeigt vorn die Schlungbachbrücke heute. Links davon das „Keinertsche“
Haus und das Haus Renneberg. Die damalige Schule und das Haus „Kusche“
wurden bei der Sprengung der Brücke beschädigt. |
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